26.02.2021 | Unter dem Motto „Schloßstraße, wohin gehst Du? ... und wie die Zukunft des Einzelhandels in Berlin aussieht“ hatte der Berliner Finanzsenator Matthias Kollatz (SPD) zum „39. Roten Tisch“ eingeladen. Gast war Nils Busch-Petersen, Hauptgeschäftsführer des Handelsverband Berlin-Brandenburg. Auch einige Mitglieder der AG Straßenbahn der NaturFreunde Berlin haben an der Online-Veranstaltung von Matthias Kollatz teilgenommen, um ihr Anliegen, den Bau einer Straßenbahn nach Steglitz voranzubringen.
Nils Busch-Petersen zeigte in seinem Einführungsstatement die Geschichte des Berliner Einzelhandel auf. Berlin sei eine Stadt mit einer polyzentrische Handelsstruktur, die sich aufgrund der Schaffung Groß-Berlins im Jahr 1920 bis heute erhalten habe. Als 1920 Groß-Berlin entstand, wurden fünf der fünfzehn größten Städte im damaligen Deutschen Reich in die neue Großstadt integriert. Diese Städte hatten alle ihr entwickeltes Zentrum. So hat sich in Berlin, anders als in anderen Städten nie ein einziger zentraler Handelspunkt herausentwickelt. In der Weimarer Republik kann höchstens die Leipziger Straße mit drei der größten Warenhäuser als solche zentrale Straße gesehen werden.
Matthias Kollatz führte aus, dass der Autoverkehr im innerstädtischen Bereich in Zukunft an Bedeutung verlieren wird. Die Auseinandersetzung über den Klimawandel werde vor allen auch in den Städten geführt werden, da hier mehr als die Hälfte der Menschen lebe. Deshalb brauche es für die Städte in der Zukunft neue Entwicklungsmodelle, die nicht allein durch die heutige Form des Verkehrs gelöst werden.
Niels Busch-Petersen zeigte auf, dass es in Berlin aktuell etwa 70 Shopping-Center gebe. Einkaufsstraßen und die Innenstadt könne nur funktionieren, wenn das komplexe Zusammenwirken von Kultur, Handel, Gastronomie und Einzelhandel sichergestellt werde. Straßen müssten multifunktional organisiert sein und gleichzeitig auch gut digitalisiert werden, da die Kund*innen der Zukunft beide Funktionen, digitale Information und realen Einkaufs- und Erlebnisgenuss, miteinander verbinden werden.
Als Mitglieder der AG Straßenbahn stellten Oswald Richter, Ulrich Conrad und Uwe Hiksch Nachfragen an die beiden Vortragenden. Sie wollten wissen, wie sich die beiden Referenten zur Forderung einer Straßenbahn nach Steglitz positionierten. Ulrich Conrad vertrat dabei die These, dass Einkaufsstraßen dann attraktiv seien, wenn sie durch Schienenverkehr aus möglichst vielen Richtungen angebunden würden. Gleichzeitig sei es für den Einzelhandel wichtig, dass der Verkehr oberirdisch stattfinde, da die Verkehrsteilnehmenden damit den Einzelhandel wahrnehmen könnten.
Uwe Hiksch zeigte am Beispiel der Schloßstraße auf, dass die heutige Straße gerade an Samstagen völlig überfüllte Gehwege ausweise, da der Autoverkehr in der Straße den größten Raum einnehme. Die Menschen würden auf den engen Bürgersteigen zusammengedrängt und damit ein mögliches Einkaufserlebnis geschälert. Er sprach sich deshalb für die Schaffung einer Fußgängerzone mit Straßenbahn und Radweg aus.
Matthias Kollatz und Nils Busch-Petersen unterstützen beide die Schaffung neuer Straßenbahninfrastruktur in Berlin. Niels Busch-Petersen argumentierte, dass der Einzelhandel für überirdischen Verkehr sei, da er dann gesehen werde. Er könne sich den Bau von Straßenbahnen gut vorstellen, da diese die Attraktivität von Straßen steigern könne. Gleichzeitig müssten jedoch Veränderungen sehr sorgfältig vorbereitet werden und ein eingehender und langer Diskurs mit den betroffenen Anwohner*innen und Händler*innen ermöglicht werden. Für ihn müsse bei einer Verkehrsplanung die Fußgänger*innen im Mittelpunkt stehen, da alle Verkehrsteilnehmenden, bevor sie in ein anderes Verkehrsmittel umsteigen, zuerst alle Fußgänger*innen seien. Auch Matthias Kollatz meinte es sei eine „gute Idee, Straßenbahn zu bauen“. Dies soll auch weitergehen. Er werde sich dafür einsetzen, weiterhin ausreichende Planungs- und Finanzmittel zur Verfügung zu stellen.