Berlin war einst die Stadt der Straßenbahnen. Alleine in Westberlin gab es ein Straßenbahnnetz von über 250 Kilometern. Durch die autofixierte Verkehrspolitik der Nachkriegszeit wurde die Straßenbahn vollständig stillgelegt. Dagegen sind im ehemaligen Ost-Berlin auch heute noch etwa 180 Kilometer Straßenbahnverbindungen vorhanden. Sie bilden heute die Grundlage des Öffentlichen Personennahverkehrs in den östlichen Stadtteilen.
Den Berlinerinnen und Berlinern in Westberlin versprach man damals als Ersatz für die weggerissenen Straßenbahnschienen den Bau von U-Bahnen. Bis heute sind jedoch von den ehemals 250 Kilometern Straßenbahnen lediglich 50 Kilometer U-Bahn zusätzlich gebaut worden. Damit ist im Westteil der Stadt nur 20 Prozent des Straßenbahnnetzes durch U-Bahnen ersetzt worden.
Die NaturFreunde Berlin wollen deshalb eine konsequente Umkehrung der Berliner Verkehrspolitik. Wir wollen, dass ein Schwerpunkt der Investitionen in Zukunft in Berlin auf den Neubau von Straßenbahnen gelegt wird. Eine nachhaltige Verkehrspolitik sollte ökonomische, ökologische und verkehrspolitisch sinnvolle Anforderungen zusammenbringen. Dies alles spricht für eine Forcierung des Baus neuer Straßenbahnlinien. Die Forderung nach einem weiteren Ausbau der unterirdischen U-Bahnen scheint in einem solchen Paket nicht sinnvoll. Neue U-Bahnlinien sind zu teuer und gleichzeitig dauern die Planung und der Bau neuer U-Bahn-Strecken sehr lange.
Lieber 100 km Straßenbahn als für das gleiche Geld nur 5 km U-Bahn
In Berlin werden rund 32% aller Wege zu Fuß und mit dem Fahrrad zurückgelegt, 27% mit öffentlichen Verkehrsmitteln und 40% mit dem Auto und Motorrad. Knapp jeder zweite Haushalt besitzt kein Auto. Gleichzeitig wurden am Potsdamer Platz, am Leipziger Platz, in der Friedrichstraße und am Alexanderplatz in mehreren Stockwerken Tiefgaragen für über 10.000 Auto-Stellplätze gebaut. Dadurch wird der Autoverkehr noch mehr als bisher direkt in die Innenstadt gezogen.
Wir wollen eine neue Verkehrspolitik. Im Zentrum hierfür muss der schienengebundene öffentliche Personennahverkehr als Massenverkehrsmittel für die Metropole Berlin stehen. Neue U-Bahnlinien sind aber mehr als 20 mal so teuer wie neue Tramlinien. Die Investitionskosten der Straßenbahn betragen mit 6 Millionen Euro pro Kilometer lediglich ein Zwanzigstel der U-Bahnkosten, die in Berlin in den letzten Jahren auf 120 Millionen Euro pro km gestiegen sind. Alleine der Bau der U-Bahn vom Brandenburger Tor zum Hauptbahnhof kostete für ganze drei U-Bahn-Stationen immerhin 250 Millionen Euro. Mit dem gleichen Geld hätte man in Berlin über 40 Kilometer neue Straßenbahnlinien bauen können.
Warum Straßenbahn?
Straßenbahn sind ein ideales innerstädtisches Verkehrsmittel. Sie können im Schritttempo durch Fußgängerzonen fahren aber auch in den Außenbezirken der Stadt mit hoher Geschwindigkeit weitere Strecken zurücklegen. Sie bieten den Vorteil von kürzeren Haltestellenabstände und damit kurze Wege für die Nutzerinnen und Nutzer. Auch müssen nicht die zum Teil langen Wege in und aus dem Untergrund gegangen werden, was die Gesamtfahrzeit für die Fahrgäste wesentlich verkürzt.
Auch sind die Betriebskosten der Straßenbahn-nur etwa halb so hoch wie die der U-Bahn oder von mittel bis stark frequentierten Buslinien . Mit einer Kapazität von 20.000 Personen pro Stunde hat sie eine mehr als zwanzigmal größere Kapazität als eine Autospur. Dort können pro Stunde ca. 800 Autos fahren.
Straßenbahnen müssen im bestehenden Straßenraum bevorrechtigt werden. Die grüne Welle für Autos muss der grünen Welle für Bus und Straßenbahn weichen. In Berlin verbringt die Straßenbahn 20% ihrer Reisezeit vor roten Ampeln. Das muss sich ändern.
Wir wollen die Anbindung der Wohngebiete und Verkehrsknoten an das Schienennetz
Berlin wurde über Jahrzehnte als autogerechte Stadt geplant. Hierfür mussten Straßenbahnen weichen. Große Wohngebiete mit zehntausenden von Einwohnern wurden ohne Schienenanschluss geplant. Diese Planungen müssen heute endlich korrigiert werden.
Die NaturFreunde Berlin fordern: Wir brauchen eine neue Prioritätensetzung in der Berliner Verkehrspolitik:
Absoluter Vorrang muss dem öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) durch Ausweitung seiner Leistungsfähigkeit und seiner Attraktivität eingeräumt werden. Gleichzeitig müssen die Anforderungen an eine deutliche Verbesserung der Bedingungen für den Fuß- und Radverkehr in den Mittelpunkt aller Verkehrspolitik gestellt werden.
Jegliche Verkehrsplanung in Berlin müssen als zentrale Grundlage die Förderung des Umstiegs auf den ÖPNV beinhalten. Neue Verkehrsplanungen, die zu einer Benachteiligung oder Verschlechterung der Stellung des ÖPNV führen, müssen in Zukunft unterlassen werden.
Investitionen in den Straßenverkehr müssen auf den Rückbau der Straßen, den Ausbau von Fußgänger- und Fahrradwegen und notwendig Investitionen in die Sanierung der vorhandenen Infrastruktur umgeschichtet werden. Der Bau von neuen Straßen ist lediglich als Erschließung von neuen Wohngebieten und hier lediglich als Spielstraßen, die die gleichberechtigte Nutzung des öffentlichen Verkehrs für alle Verkehrsarten ermöglicht wünschenswert.
Die NaturFreunde Berlin unterstützen die Forderungen nach einer deutlichen Netzerweiterung für die Berliner Straßenbahn. Die Straßenbahn ist eine der effektivsten und umweltfreundlichsten Maßnahmen für die nachhaltige Sicherung eines komfortablen und umweltfreundlichen Verkehr.