Gemeinsame Pressemitteilung der NaturFreunde Berlin und Kulturhof Koloniestraße 10:
Berlin, 07.07.2024 Die NaturFreunde Berlin machen sich stark für den Erhalt des Biodiversitäts-Hotspot 'Kulturhof Koloniestraße 10'. Sie fordern von der Senatsverwaltung für Umweltschutz sowie vom Bezirksamt Mitte, keine Ausnahmegenehmigung vom Artenschutz und vom Sommerrodungsverbot zu erteilen. Teil-Eigentümer Romeo Uhlmann will im August mit dem Abriss des urbanen Gartens in Koloniestraße 10 beginnen, um auch dort wie auf dem Nebengrundstück, Koloniestr. 11/12, mehrere Blocks mit 130 teuren, möblierten Mikroapartments zu errichten. Dies darf nicht geschehen! Bei der Rettung des 'Kulturhofs Koloniestraße10' geht es um „eine gesicherte Zuflucht für geschützte Arten in einer Zeit des Artensterbens“ sagen die NaturFreunde Berlin.
Dazu Uwe Hiksch, stellv. Landesvorsitzender der NaturFreunde Berlin: „Leider erleben die NaturFreunde häufiger, dass in Berlin die artenschutzrechtlichen Gutachten, die durch die Bauherren vorgelegt werden, unvollständig und zum Teil fehlerhaft sind. Bei manchen Gutachten haben die NaturFreunde den Eindruck, dass wichtige geschützte Vogelarten ‚übersehen‘ werden. Nur wenn es in Zukunft gelingt, dass sich die Bauwilligen ihre Gutachter*innen nicht mehr selbst aussuchen können, sondern von der Naturschutzbehörde zugewiesen bekommen, kann dieser Missstand beendet werden. Hierzu werden die NaturFreunde eine Initiative starten.“
Noch schwebt das Bewilligungsverfahren
Die NaturFreunde Berlin sind Mitglied der Berliner Landesarbeitsgemeinschaft Naturschutz (BLN), die im Bewilligungsverfahren gehört werden muss. Votum der BLN: „Wir lehnen den Antrag auf Ausnahmegenehmigung für das geplante Abrissvorhaben des Kulturhofs Koloniestraße 10 sowie den Antrag auf Ausnahme vom Sommerrodungsverbot ab.“ In der BLN sind neben den NaturFreunden Berlin alle großen Naturschutzorganisationen Berlins vereint. Diese sind in ihrer 44-seitigen Stellungnahme gemeinsam zu diesem Ergebnis gekommen. Die NaturFreunde Berlin fordern nun vom Land Berlin: Schließen Sie sich dem Votum der Berliner Landesarbeitsgemeinschafts Naturschutz an, um keine Rechtsbeugung zu begehen!
Irreführendes Gutachten
Alle Vogelarten, die in der Kolonie10 seit vielen Jahren ihr Habitat haben, sind nach dem Bundesnaturschutzgesetz und der Europäischen Vogelschutzrichtline besonders geschützt. Für ein artenschutzrechtliches Verfahren gibt es einen Berliner Leitfaden und fachliche Standards. Daran gemessen sind das ornithologische Gutachten und die Pläne des Bauherren unvollständig, methodisch falsch und irreführend, so das Fazit der BLN. Das Gutachten verletzt alle fachlichen Standards und ermöglicht keinerlei rechtssichere Grundlage zur Beurteilung des Sachverhalts. Zum Beispiel ist das Gutachten zur Vogelwelt in der Kolonie10 im Winter erstellt worden – für Vögel, die im Sommer aktiv sind. Die betroffenen Vogelarten sind weder gezählt noch kartiert worden. Ihre Betroffenheit von den Abriss- und Baumaßnahmen wurde nicht untersucht und dokumentiert. Es wurden keine Ausweichmaßnahmen für die Tiere vorab ergriffen. Und Ersatzmaßnahmen nach den Bauarbeiten geplant auf Grundstücken, die dem Bauherren nicht gehören.
Lebensraum für geschützte Vogelarten wird vernichtet
Folgte man der Planung des Bauherren, würde der Lebensraum einer großen Kolonie Haussperlinge sowie weiterer besonders geschützter Vogelarten wie Kohl- und Blaumeisen, Amseln, Hausrotschwanz, Sperber sowie Fledermäuse im Kulturhof Koloniestraße 10 ersatzlos vernichtet. Im Aktionsradius der Vögel rund um die Koloniestraße 10 finden sich keine Ausweichflächen mehr, da diese durch Baumaßnahmen vernichtet wurden. Und der Kulturhof Koloniestraße10 ist bereits anerkannte Ausweichfläche für die Vögel, die durch den Bau der Mikroapartments auf dem Nachbargrundstück Koloniestr. 11/12 vertrieben wurden. Die Tiere haben an den Gebäuden und in den Hecken und im Fassadenbewuchs ihren Lebensraum: ihre Brut-und Fortpflanzungsorte, ihre Balz- und Versteckmöglichkeiten, ihr Jagdrevier und ihre Nahrung durch Insekten. Dasselbe gilt auch für die ansässigen Fledermäuse. Der „Erhaltungszustand der Population würde sich signifikant verschlechtern“ – Kriterien aus Bundesnaturschutzgesetz und der Europäischen Vogelschutzrichtlinie, die laut BLN keine Ausnahme zulassen.
NaturFreunde – wer wir sind
Die NaturFreunde sind ein sozial-ökologischer und gesellschaftspolitisch aktiver Verband für Umweltschutz, sanften Tourismus, Sport und Kultur. In Berlin sind 16 Ortsgruppen aktiv. Über 1.000 Mitglieder sind bei den NaturFreunden in Berlin organisiert. Mit der AG Umwelt, der AG Artenschutz bei Bauvorhaben und dem Bündnis Natur statt Asphalt leisten die NaturFreunde aktive Arbeit zur Erhaltung der Stadtnatur. Die NaturFreunde sind Mitglied in der Berliner Landesarbeitsgemeinschaft Naturschutz und im Vorstand vertreten.
Informationen:
Uwe Hiksch (NaturFreunde Berlin), hiksch@naturfreunde.de, Tel.: 0176-62015902