NaturFreunde historisch:
In der letzten Ausgabe von „Der Wanderer“ im März 1933 – wenige Wochen vor dem Verbot der NaturFreunde im Rheinland wurde im Leitartikel auf Seite 1 auf die Fehler der Vergangenheit und auf die kommende Zeit in dem Artikel „Frühling ohne Hoffnung?“ eingegangen:
„Frühling ohne Hoffnung?
Der Frühling entzündet in allen Menschen das Feuer der Hoffnung. Sie sehen, wie sich draußen in der Natur alles verjüngt, wie täglich neues geboren wird, wie draußen alles Morsche fort muß, wie sich sieghaftes junges Leben freu und ungehorsam entfaltet. […] In dumpfer Verzweiflung erhebt der gewaltige Chor der schaffenden Bevölkerung. Sie sieht den kommenden Frühling in spukhafter Ferne, nebelhaften Weiten. Nicht als Bringer und Vermittler von Freude und Schönheit erscheint er ihr. Mehr als sorgenvoll erwartet sie jeden neuen Tag, der im Schicksalsfrühling 1933 heraufsteigt.
Dumpfes Grollen dröhnt in das Stürmen und Rasen des Föhnwinds, der in diesem Tagen in den winterlichen Bergen die Lawinen zu Tale stürzen läßt, dabei mit unwiderstehlicher Gewalt alles zerstörend und vernichtend.
Alles ist in der Gärung und Umwandlung begriffen! Die Kraft des sieghaften jungen Lebens wird sich aber duchzusetzen wissen. Nur ihm gehört die Zukunft.
Der deutsche Frühling des Jahres 1933 liegt in nebelhaften Weiten. Braunes Sturmgewölk hat sich vor seinen Einzugsstraßen gehängt und will uns auch den Frühlingssonnenschein nicht mehr vergönnen. Mit unerbittlichem Beginnen soll das Rad der Zeit rückwärts gedreht, der natürliche Gang der Entwicklung zum Stillstand gebracht und gehemmt werden. Überall das, was die Kulturorganisationen der werktätigen Schichten in beispielloser ideeller Arbeit aufgebaut haben, was sie gehegt und gepflegt haben und unter maßlosen Opfern auch zur Blüte gebracht haben, darüber soll der ‚Reif der Frühlingsnacht‘ fallen, soll alles in eisigem Schweigen ersticken! […]
Mag auch zartes junges Grün erstarren, mögen auch die Blüten zurückgedämmt, an ihrer Entfaltung gehindert werden. Es kommt der Tag, wo sie mit ‚unseren Fahnen‘ wieder gemeinsam in den Wind gehoben werden. Dann werden unsere Blüten Früchte treiben, die der Not der breiten Schichten ein Ende bereiten.
Für uns gibt es keinen Frühling ohne Hoffnung. Wie sich trotzdem die Feinde der Schaffenden erheben könnten, so liegt es an dem unheilvollen Bruderkampfe, der tiefe Wunden geschlagen hat, die nur schlecht heilen und kaum noch vernarben wollen. Einmal sind wir eine Stunde schwach gewesen und wir haben den Worten falscher Propheten gehorcht und haben uns entzweit, das müssen wir jetzt büßen. Aber schicksalsverbunden lastet die Verantwortung kommender Tag auf unser Schultern. Mögen wir alle die Stunde der Verantwortung begreifen, dann werden wir zusammenstehen: Alle für einen und einer für alle!“
Aus: A.C. Ge, Frühling ohne Hoffnung, in: Der Wanderer, Jahrgang 5, Heft 2, März 1933, S. 18f.
aus: WanderfreundIn 01-2023