25.01.2021 | Unter dem Motto „Kritik am Militär ist kein Verbrechen!“ hatten die Berliner Initiative „Freiheit für Ruslan Kotsaba“, in Kooperation mit Connection e.V. sowie der DFG-VK und den NaturFreunde Berlin zu einer Protestaktion von der Botschaft der Ukraine aufgerufen. Gemeinsam forderten die Aktiven die Regierung der Ukraine auf, die politische motivierte Repression gegen pazifistisch gesinnte Menschen zu stoppen und die Menschenrechte auf Kriegsdienstverweigerung und auf Meinungsfreiheit zu achten. Bei der Kundgebung redete Lothar Eberhardt, Mitglied der Berliner Initiative „Freiheit für Ruslan Kotsaba“ und Vorsitzender der NaturFreunde Friedrichshain-Kreuzberg.
Bereits im Vorfeld des Prozesses wurde von ukrainischen Nationalisten gegen den Pazifisten massiv Stimmung gemacht. Er wurde auf dem Weg zum Gerichtssaal „von ukrainischen Ultranationalisten bedroht, die in den sozialen Medien bereits angekündigt hatten, Kotsaba durch eine ‚Straße der Schande‘ zu jagen“[1]. Kotsaba ist für die Nationalisten ein Feind, da er „im Januar 2015 in einem Beitrag auf YouTube seine Kriegsdienstverweigerung so erklärte: ‚Ich weiß, dass die Mobilisierung unter Kriegsrecht erklärt wird. Ich gehe lieber ins Gefängnis als jetzt in den Bürgerkrieg, um meine Landsleute, die im Osten leben, zu töten.‘“[2]
Hintergrund der Protestaktion ist das erneute Strafverfahren gegen den ukrainischen Pazifisten Ruslan Kotsaba. Ruslan Kotsaba hatte im Jahr 2015, „nachdem er im Kriegsgebiet recherchiert hatte, ein Video veröffentlicht, in dem er den Krieg in der Ost-Ukraine verurteilte“[3]. Das Verfahren gegen Ruslan Kotsaba wird „in der westlichen Ukraine zum zweiten Mal“[4] durchgeführt. Kotsaba war „bereits 2015 verhaftet und wegen ‚Landesverrats‘ und ‚Behinderung der Tätigkeit der Streitkräfte‘ zu 3½ Jahren Gefängnis verurteilt worden“[5]. 2015 erklärte Kotsaba, dass er sich „einer etwaigen Einberufung verweigern und nicht auf seine ‚im Osten lebenden Mitbürger‘ schießen“[6] werde. Gleichzeitig „rief seine Landsleute auf, ebenfalls den Kriegsdienst zu verweigern“[7].
Die Verurteilung und Verfolgung von Ruslan Kotsaba wird auch von Amnesty International kritisiert. So schreibt Amnesty International, dass „Medienvertreter von den Behörden schikaniert“[8] werden. Einer der Medienvertreter ist „der Journalist und bekannte Blogger Ruslan Kotsaba“[9]. Kotsaba wurde „zum ersten ukrainischen gewaltlosen politischen Gefangenen von Amnesty International seit fünf Jahren ernannt“[10]. „Ruslan Kotsaba wurde am 7. Februar in Iwano-Frankiwsk, 130 km südöstlich von Lemberg, festgenommen, nachdem er ein Video veröffentlicht hatte, in dem der Konflikt als ‚der brüderliche Bürgerkrieg von Donbass‘ beschrieben wurde.“[11] Amnesty International fordert die sofortige Freilassung von Ruslan Kotsaba und sieht „seine Behandlung als dreiste Einschränkung des Rechts auf freie Meinungsäußerung an“[12].
Der Fall Ruslan Kotsaba wurde international bekannt und es bildete sich eine internationale Solidaritätskampagne, die seine Freilassung forderte. Der Protest zeigte Wirkung, so dass er „nach 16 Monaten in Haft, vom Berufungsgericht des Bezirks Iwano-Frankiwsk freigesprochen und freigelassen“[13] wurde. 2017 wurde der Freispruch vom Obersten Gericht für Zivil- und Strafsachen wieder aufgehoben. Das Gericht ordnete eine Wiederaufnahme des Verfahrens gegen Ruslan Kotsaba an. Nach Beginn des neuen Prozesses, sind „von der Staatsanwaltschaft 58 Zeugen benannt worden“[14]. Dem Pazifisten drohen in dem neuen Verfahren bis zu 15 Jahren Haft.
Die NaturFreunde Berlin haben den Protest unterstützt, da das Recht auf Kriegsdienstverweigerung eines der zentralen Menschenrechte ist. Kein Mensch darf wegen seiner Entscheidung, sich nicht an bewaffneten Konflikten oder Kriegen zu beteiligen, verurteilt werden.
[1] Peter Nowak, Erneutes Gerichtsverfahren gegen ukrainischen Kriegsdienstverweigerer, in: Telepolis, 24.01.2021, siehe: https://www.heise.de/tp/features/Erneutes-Gerichtsverfahren-gegen-ukrain...
[2] Ebd.
[3] O.A., Protestaktion zum erneuten Strafverfahren gegen ukrainischen Pazifisten Ruslan Kotsaba, in: Connection e.V., 19.01.2021, siehe: https://de.connection-ev.org/article-3206
[4] Ebd.
[5] Ebd.
[6] Ebd.
[7] Ebd.
[8] John Dalhuisen, Ukraine’s spate of suspicious deaths must be followed by credible investigations, in: Amnesty International, 17.04.2015, siehe: https://www.amnesty.org/en/latest/news/2015/04/ukraine-suspicious-deaths...
[9] Ebd.
[10] Ebd.
[11] Ebd.
[12] Ebd.
[13] O.A., Protestaktion zum erneuten Strafverfahren gegen ukrainischen Pazifisten Ruslan Kotsaba, a.a.O.
[14] Ebd.