17.12.2019 | Frauen dürfen wählen. Was uns heute selbstverständlich erscheint, war nicht immer so: Erst im Januar 1919 durften Frauen in Deutschland zum ersten Mal zur Wahl gehen. Dem ging jedoch ein langer Kampf der Frauenbewegung voraus: Olympe de Gouges verfasste 1793 die „Erklärung der Rechte der Frau und Bürgerin“ – und wurde daraufhin hingerichtet.
Im 19. Jahrhundert hatten Frauen in Deutschland weder das Wahlrecht noch das Recht auf Erwerbstätigkeit oder persönlichen Besitz. Die Mitgliedschaft in politischen Vereinen war ihnen verboten; auch das Versammlungsrecht galt nur für Männer.
Frauen schlossen sich trotzdem ab der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts in Gruppen und Vereinen zusammen, um sich für Frauenrechte einzusetzen: unter anderem für das Recht auf Bildung und Erwerbsarbeit, die Möglichkeit zur Teilnahme am politischen Leben und für ökonomische und soziale Selbstständigkeit.
1871 wurde mit der Gründung des Deutschen Reiches das allgemeine, gleiche, unmittelbare und geheime aktive und passive Wahlrecht für alle Bürger über 25 Jahre, die im Besitz der bürgerlichen und politischen Ehrenrechte sind, für den Reichstag eingeführt – aber nicht für Frauen.
Anfang des 20. Jahrhunderts gründeten die Frauenrechtlerinnen Minna Cauer, Anita Augspurg und Lida Gustava Heinemann den „Deutschen Verein für Frauenstimmrecht“. Ausdrücklich wurde sozialistischen Frauen die Mitgliedschaft in dem Verein untersagt. Die proletarische Frauenbewegung wurde von Frauen wie Clara Zetkin, Rosa Luxemburg, Emma Ihrer oder Luise Zietz maßgeblich beeinflusst.
Es war die Revolution von 1918, die den Frauen das Frauenwahlrecht brachte. Die Sozialdemokratin Marie Juchacz betonte in der ersten Rede einer Frau in der Weimarer Nationalversammlung: „Die Frauen besitzen heute das ihnen zustehende Recht der Staatsbürgerinnen. […] Ich möchte hier feststellen […], dass wir deutschen Frauen dieser Regierung nicht etwa in dem althergebrachten Sinne Dank schuldig sind. Was diese Regierung getan hat, das war eine Selbstverständlichkeit: Sie hat den Frauen gegeben, was ihnen bis dahin zu Unrecht vorenthalten worden ist.“
Und heute?
Lag der Frauenanteil im Parlament 1919 bei knapp neun Prozent, liegt er auch heute nur bei einem knappen Drittel. Frauen sind in Führungsriegen unterrepräsentiert; nicht einmal jede fünfte Professur wird an eine Frau vergeben. Frauen verdienen im Schnitt immer noch 21 Prozent weniger als Männer und verrichten wesentlich mehr Sorgearbeit im Haushalt. Außerdem sind Frauen deutlich häufiger von häuslicher Gewalt betroffen als Männer.
„Frauen, die nichts fordern, werden beim Wort genommen: Sie bekommen nichts.“
Weltweit gibt es dagegen Widerstand: In Chile demonstrierten am diesjährigen 8. März über 350.000 Frauen; die #metoo-Bewegung sorgte für mehr Bewusstsein in der Medienbranche und im letzten Jahr wurde nach Protesten das Abtreibungsverbot in Irland gekippt. Als NaturFreund*innen streiten wir für Gleichberechtigung und stehen deshalb auf der Seite derer, die sich für Frauenrechte einsetzen – weltweit. Denn Freiheit und Menschenrechte sind universell.
Anna Westner
aus: WanderfreundIn 04-2019