06.08.2020 | Zum Start der deutschen EU-Ratspräsidentschaft fordern Umweltorganisationen aus acht EU-Mitgliedsstaaten die Bundesregierung gemeinsam auf, die längst überfällige Reform des Euratom-Vertrages auf die Agenda zu setzen und entsprechend eine Vertragsstaatenkonferenz einzuberufen. Erarbeitet wurde der Brief von einer europäischen Koordination gegen den EURATOM-Vertrag. NaturFreunde und ausgestrahlt hatten einen ersten Vorschlag für den gemeinsamen Brief erarbeitet.
Die Organisationen verweisen auf den 2018 verabschiedeten Koalitionsvertrag der deutschen Regierungsparteien CDU/CSU und SPD in dem festgeschrieben wurde, dass der Euratom-Vertrag „hinsichtlich der Nutzung der Atomenergie an die Herausforderungen der Zukunft angepasst“ werden muss. Ebenfalls ist dort zu lesen, dass: „keine EU-Förderung für neue Atomkraftwerke“ in Zukunft erfolgen dürfe.
Der Euratom-Vertrag ist eine wichtige vertragliche Grundlage um den Bau von neuen Atomreaktoren in den Staaten der Europäischen Union zu forcieren. Zuletzt berief sich darauf auch der EU-Generalanwalt in einer Stellungnahme zur Rechtmäßigkeit von Subventionen für das im Bau befindliche AKW Hinkley Point C durch die britische Regierung. Österreich hatte zu dieser Causa eine Klage beim EuGH eingereicht, die Entscheidung steht noch aus.
Die Verbände kritisieren zudem die negativen Auswirkungen des Vertrages auf den Kampf gegen die Klimakrise: „Der Euratom-Vertrag verhindert einen ökologischen Umbau der Energieerzeugungsstruktur in den Mitgliedsstaaten der Europäischen Union und steht damit den Klimazielen von Paris diametral entgegen.“ Die einseitige, privilegierte Förderung der Atomkraft wie sie im Vertragswerk festgeschrieben ist, verhindert den nötigen, schnellstmöglichen Ausbau Erneuerbarer Energien. Dringend dort benötigte Forschungsgelder fließen weiterhin in nukleare Träumereien von Fusionsreaktoren, deren Realisierung überaus fragwürdig ist.
Der Euratom-Vertrag wurde 1957 geschlossen und existiert bis heute ohne das substantielle Anpassungen des Vertragstextes vorgenommen wurden. Ziel des Abkommens ist es u.a.: „die Voraussetzungen für die Entwicklung einer mächtigen Kernindustrie zu schaffen“. Es räumt der Nutzung der Atomkraft in der EU Vorrang vor anderen Energieträgern ein.