27.11.2021 | Die honduranische Organisation FundAmbiente unterstützt ländliche Gemeinden im Norden von Honduras mit Fortbildungen, damit diese ihre natürlichen Ressourcen schützen können. Seit Februar dieses Jahres wird FundAmbiente dabei in einem partnerschaftlichen Projekt von den NaturFreunden Berlin begleitet. Seitdem mussten die Beteiligten bereits verschiedene Herausforderungen meistern.
Die lokale Bevölkerung organisiert sich
FundAmbiente bietet Beratungen und Fortbildungen für die Basisgruppen der Breiten Bewegung für Würde und Gerechtigkeit (span. MADJ) an, in der Bewohner*innen ihre Rechte verteidigen und sich gegen den Bau von Wasserkraftprojekten einsetzen. Die Bewegung wächst: Die Bewohner*innen drei weiterer Dörfer – San Francisco Arriba, Paguales und Micelly im nördlichen Verwaltungsbezirk Atlántida – haben sich der MADJ angeschlossen.
Die Menschen organisieren sich, da der durch die honduranische Regierung geförderte Bau von Wasserkraftprojekten verheerende Folgen für die Bevölkerung und ihre Umwelt mit sich bringt: Der Zugang zu Flüssen wird eingeschränkt, das Flusswasser wird verschmutzt, wodurch der sichere Zugang zu sauberem Wasser gefährdet wird, und es steht weniger Wasser für die Bewässerung der Felder zu Verfügung.
In der Regel wurden Konzessionen vergeben, ohne die Bevölkerung vorher zu informieren, Umweltgutachten wurden teilweise nicht beachtet, auch Korruption spielte bei der Vergabe immer wieder eine Rolle. Um juristisch gegen zu Unrecht vergebene Konzessionen vorzugehen, benötigen die Gemeinden juristisches Grundlagenwissen sowie Kenntnis, wie sie an entsprechende Informationen in den Ministerien und anderen staatlichen Stellen herankommen. Bis es Erfolge beim Schutz ihrer natürlichen Ressourcen gibt, wie beispielsweise in der Gemeinde Jilamito, ist es ein langer, harter Weg.
Für die Weiterbildungen der Basisgruppen hat das Projektteam von FundAmbiente einen Fortbildungsplan ausgearbeitet. Themen der Fortbildungen sind: Organisationsentwicklung, Bürger*innenbeteiligung, Korruption und Straflosigkeit sowie Menschenrechte und Indigene in Honduras. Bisher wurden in fünf Gemeinden Workshops zu Bürger*innenbeteiligung und Organisationsentwicklung erfolgreich abgehalten. Besonders erfreulich ist das Engagement junger Menschen in den Gemeinden. Auf Initiative Jugendlicher fand eine Begehung am Fluss Jilamito statt. Diese wichtige Wasserader von Atlántida ist durch ein Wasserkraftwerk bedroht. Der Fortbildungsplan sieht vor, die Umgebung und die natürlichen Ressourcen besser kennenzulernen. Insbesondere für junge Menschen ist dies wichtig: Zwar gibt es Dokumente über das Gemeindeland, aber wie die Gemarkung in der Natur zu erkennen ist, lernen die Jugendlichen am besten, wenn sie ihre Umgebung zu Fuß erkunden.
Pandemie, Privatstädte und Präsidentschaftswahlen erschweren die Arbeit
Die Arbeit in den Gemeinden stellt Projektmitarbeitende immer wieder vor Herausforderungen. Zum einen sind die Gemeinden über den gesamten Verwaltungsbezirk Atlántida verstreut und einige der Gemeinden sind nur über Schotterpisten zu erreichen. Auch kurze Distanzen können so vor allem in der Regenzeit mehrere Reisestunden in Anspruch nehmen. Von Projektmitarbeitenden erfordert dies eine hohe Reisebereitschaft. Andererseits erschwert die Pandemie die Arbeitsbedingungen: Größere Versammlungen dürfen nicht abgehalten werden, an einem Workshop nehmen deshalb immer nur maximal 15 Personen teil. Versammlungen werden deshalb so oft es geht nach draußen verlegt. Eine andere Alternative sind die häufigen Vor-Ort-Besuche des Projektteams, um einen guten Kontakt mit den Basisgruppen zu halten und diese zu beraten.
Auch die politischen Entwicklungen der letzten Monate beeinflussten die Arbeit. Seitdem im letzten Jahr bekannt wurde, dass in Honduras so genannte ZEDEs gegründet werden, wuchs auch der Protest dagegen. ZEDE ist die spanische Abkürzung für Sonderzonen für Entwicklung und Beschäftigung. Diese ZEDEs sind quasi Privatstädte. Der Staat übergibt per Konzession einen Teil des Territoriums an ein Unternehmenskonsortium, das dort Firmen ansiedelt und eine eigene Rechtsprechung aufbaut. In der lokalen Bevölkerung löst diese Entwicklung große Sorgen aus, denn diese Zonen stellen eine weitere Bedrohung ihrer Lebensgrundlage dar. In den Gemeinden, in denen es Basisgruppen vom MADJ gibt, wurden viele Fragen rund um das Thema dieser Privatstädte an die Projektmitarbeitenden herangetragen. Informationen dazu, wie die Gemeinden betroffen sein könnten, wurde in Workshops auch thematisiert. In den letzten Monaten haben sich mehr als 180 Landkreise in Honduras, darunter sieben im Projektgebiet, in Bürgerversammlungen als ZEDE-freie Landkreise erklärt.
Doch die größte Herausforderung der nächsten Wochen sind die anstehenden Präsidentschaftswahlen. Mit Besorgnis schauen die beteiligten Organisation auf den 28. November, dem Wahlsonntag. Bei den letzten Wahlen im Jahr 2017 kam es aufgrund des Wahlbetruges zu Massenprotesten und gewalttätigen Ausschreitungen durch staatliche Sicherheitskräfte. Drei Mitglieder der MADJ wurden ermordet, ein Mitglied massiv bedroht. Der regierenden Partei (Partido Nacional) bietet ein breites Oppositionsbündnis die Stirn. Die Zivilgesellschaft befürchtet jedoch, dass die Nationale Partei eine Niederlage nicht hinnehmen würde und es ein ganz ähnliches Szenario wie 2017 geben könnte. Seit Monaten herrscht eine angespanntes Klima im Zusammenhang mit den Wahlen und die Gewalt gegen Kandidat*innen nimmt zu. Für das Projektteam und die Gemeinden werden die kommenden Wochen nicht einfach und ihre Arbeit können sie sicher in dieser Zeit nicht reibungslos fortsetzen.
Hilf mit deiner Spende die Gemeinden in Honduras beim Schutz natürlicher Ressourcen zu unterstützen! Hier gelangst du zum Spendenformular.
Aktuelle Informationen zu dem Projekt und zu Honduras findest du auf der Webseite der NaturFreunde Berlin: www.naturfreunde-berlin.de/honduras
Das Projekt wird vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung gefördert.