04.11.2020 | Vor 125 Jahren, am 22. März 1895 erschien in der Wiener „Arbeiter-Zeitung“ eine Annonce des Lehrers und Freidenkers Georg Schmiedl, der zum linken Flügel der sozialistischen Bewegung in Österreich gehörte. In der Anzeige stand: „Naturfreunde werden zur Gründung einer touristischen Gruppe eingeladen. Ihre Adresse unter natur 2080 einsenden an die Expedition“. Auf die Anzeige meldeten sich etwa 30 Interessierte. Unter ihnen war auch Alois Rohrauer, der zum ersten Obmann der NaturFreunde bei der Gründungsversammlung am 16. September 1895 von den 185 Interessierten gewählt wurde. Für die damalige Zeit war es auch Karl Renner, der für den neuen Verein der Arbeiter*innenbewegung die Satzung verfasste und die Idee der verschränkten Hände der „Arbeiterverbrüderung“ und die drei roten Alpenrosen als Abzeichen der NaturFreunde hatte. Er führte damals aus: „Die Hände im Abzeichen der Naturfreunde sind ein Symbol für die Vereinigung der Arbeiter aller Länder, also auch ein Symbol des Marxschen Aufrufs zum Klassenkampf“.
Als die NaturFreunde 1895 gegründet wurde, war die Touristik ein reines Privileg der Reichen. Das Bürger*innentum flüchtete vor der Industrialisierung und suchte Erholung und Abwechslung in der Natur. Ihr wurde eine romantisierende, heilende und befreiende Wirkung zugeschrieben. Den ersten NaturFreund*innen ging es darum, das Wandern zu Fuß als ein der ältesten Erholungsmöglichkeiten auch den Arbeiter*innen zu erschließen. Georg Schmiedl meinte: „Wir wollen die Arbeiter losreißen von den Stätten des Alkohols, vom Würfel- und Kartenspiel. Wir wollen sie aus der Enge ihrer Wohnung, aus dem Dunst der Fabriken und Wirtshäuser hinausleiten in unsere herrliche Natur, sie der Schönheit und der Freude entgegenführen. Wir wollen sie in die Lage versetzen, ihre Körper und ihren Geist freizumachen von dem trüben und öden Allerlei des Alltags. Wir wollen sie der frischen Luft, dem Licht und der Sonne zuführen.“
Zitate und Fakten aus: Augustin Upmann/Uwe Rennspieß, Organisationsgeschichte der deutschen Naturfreundebewegung bis 1933, in: Jochen Zimmer (Hrsg.)., Mit und zieht die neue Zeit, S. 66 ff.
aus: WanderfreundIn 03-2020