16.07.2024 | Seit ihrer Gründung haben die NaturFreunde über die Möglichkeit der Entwicklung einer eigenen, an den Idealen der Arbeiter*innenbewegung ausgerichteten kulturellen Ausrichtung diskutiert. Eine intensive Diskussion waren auch die Fragen einer eigenständigen proletarischen Tanzkultur. Im „Naturfreund“ des Gau Thüringens wurde dazu ausgeführt:
„Sollen wir Volkstänze tanzen?
Man kann diese Frage ohne weiteres bejahen. Wenn auch der Volkstanz noch nicht die Formen unseres Tanzes ist, aber aus ihm wird der werdende Tanz herauswachsen. Dem Volkstanz müssen wir seine Tänze entlehnen und lernen, sie wirklich schön zu tanzen. Dabei soll jeder mitwirken, auch die Älteren. Sie sollen sich nicht zu alt fühlen zum Volkstanz. Die Hauptsache ist, daß wir tanzen, wie wir empfinden, nicht das wir tanzen nur um zu tanzen. […] Der Tanz ist die Sprache unseres inneren Erlebens. Diese Sprache kennt keine Grenzen, sie ist fessellos. […] Wir, die wir unser Leben wahr und rein zu gestalten versuchen, leben wollen als Mensch zum Menschen, müssen uns den werdenden Tanz zu eigen machen. Wir können nicht mit der Form des leblosen, leeren bürgerlichen Tanzes auskommen, sie ist uns zu eng. Wir müssen zu unseren naiv, natürlichen Volkstänzen zurückkehren.
Wir dürfen aber nicht beim Volkstanz stehenbleiben, wie es augenblicklich ist, nein, auf der Grundlage des Volkstanzes, dessen alte, einfache und reine Weißen geeignet sind, unser inneres Erleben in rhythmischen Formen auszulösen, wird sich der neue, werdende Tanz, wahr und rein aufbauen.
H.K., Halle“
Quelle: Der Naturfreund, Gau Thüringen, Touristen-Verein „Die Naturfreunde“, Nr. 2, September 1920.
aus: WanderfreundIn 01-2024