21.01.2018 | Seit 14 Jahren führen die NaturFreunde Berlin jedes Jahr am dritten Wochenende eine DenkMalTour auf dem Zentralfriedhof Friedrichsfelde durch. Eine Woche nach der großen Luxemburg-Liebknecht-Ehrung besuchen die Teilnehmenden den Friedhof und beschäftigen sich mit den Persönlichkeiten auf dem Friedhof. Noch immer ist die Gedenkstätte durch die vielen Nelken, die bei der Luxemburg-Liebknecht-Ehrung eine Woche zuvor niedergelegt wurden geprägt.
Die Führung geht von der Gedenkstätte der Sozialisten über den Pergolenweg zu zu dem Denkmal an den historischen Gräbern von Karl Liebknecht und Rosa Luxemburg ganz am Ende des Friedhofes. Dabei besuchen die Teilnehmenden die Orte, an denen die Kolumbarien stehen bzw. standen und bekommen einen kurzen Einblick in die Geschichte des „Vereins für Feuerbestattung“, einem wichtigen Teil der atheistischen Bewegung in Berlin. Weiter besichtigten die Teilnehmenden die Gräberanlage der Verfolgten des Naziregimes und die Künstler*innengräber auf dem Friedhof.
Die DenkMalTour beleuchtet die Arbeitsschwerpunkte der auf dem Friedhof begrabenen Persönlichkeiten der Arbeiter*innenbewegung und stellt in kurzen Umrissen ihr theoretisches und praktisches Wirken vor. Anhand von wichtigen Kontoversen in der politischen Linken, z.B. der „Massenstreikdebatte“ in der SPD, die zwischen 1903 und 1906, bei der in einer intensiven und leidenschaftlichen Debatte die Rolle der Gewerkschaften im Kampf der politischen Linken diskutiert wurde, zeigte Uwe Hiksch Kontinuitäten bis in die heutige Zeit auf. Die Debatte, die vom Vorsitzender des Allgemeinen Deutschen Gewerkschaftsbundes, Carl Legien, auf der einen Seite und Rosa Luxemburg als Vertreterin der Parteilinken auf der anderen Seite mit großer Leidenschaft geführt wurde, führte auf dem Parteitag der SPD in Mannheim im Jahr 1906 zu einer Entscheidung, bei der sich Carl Legien, mit großer Mehrheit gegen die Parteilinken um Rosa Luxemburg durchsetzen konnte. Diese für die Arbeiter*innenbewegung zentrale Frage klärte damals das Verhältnis von Partei und Gewerkschaft. Rosa Luxemburg vertrat dabei die Auffassung, dass die Gewerkschaften in entscheidenden Momenten zur grundlegenden Veränderung von Gesellschaft auch das Mittel des politischen Streiks, damals Massenstreik genannt, einsetzen müssten. Carl Legien lehnte diese Vorstellungen kategorisch ab und machte deutlich, dass er die Rolle der Gewerkschaften in betrieblichen Auseinandersetzungen sehe. Damit wurde 1906 auf dem Mannheimer Parteitag die Rolle zwischen SPD und Gewerkschaften grundlegend verändert.
Eine zweite wichtige theoretische Auseinandersetzung machte der Referent anhand der verschiedenen Vorstellungen der damaligen Arbeiter*innenbewegung zur Rolle der Frau in der Gesellschaft und im Arbeitsleben deutlich. Anhand der Arbeiten der beiden Sozialist*innen, der Gewerkschafterin Emma Ihrer und der linken Sozialdemokratin Luise Zietz zeigte Uwe Hiksch die Debatten um den gleichberechtigten Zugang von Frauen zur Erwerbsarbeit auf.
Die Führung dauerte bei nur zwei Grad Temperatur mehr als zwei Stunden. Die vielen Diskussionen und Zwischenfragen machten das große Interesse der Teilnehmenden deutlich.
Informationen zu weiteren Führungen auf dem Friedhof der Sozialisten gibt es bei: Uwe Hiksch, hiksch@naturfreunde.de, Tel.: 0176-62015902