14.10.2022 | Anfang Mai hat der Berliner Senat seinen Standpunkt zum Volksbegehren „Berlin 2030 klimaneutral“ beschlossen. Der Senat teile die Absicht des Volksbegehrens, den Klimaschutz an den Zielen des Pariser Abkommens auszurichten. Das geplante Volksbegehren würde den Weg aber nicht beschleunigen, so Klimasenatorin Bettina Jarasch. Das Bündnis aus 26 Organisationen hinter dem Volksbegehren, zu dem auch die NaturFreunde Berlin zählen, zeigt sich enttäuscht. Ohne eine Klimaneutralität bis 2030 kann Berlin seinen Verpflichtungen zur Einhaltung des 1,5°C-Ziels nicht nachkommen und verfehlt die Pariser Klimaziele deutlich. Die NaturFreunde fordern eine klar beschleunigte Transformation hin zu einer klimaneutralen Stadt. Die Kampagne „Berlin 2030 klimaneutral“ soll hierfür den Handlungsdruck auf die Politik erhöhen.
Auch wenn der Senat fehlende Handlungs- und Regelungsmöglichkeiten auf Landesebene vorschiebt, hat die EU-Kommission Ende April mitgeteilt, 100 Städte in Europa bei ihrer Aufgabe bis 2030 klimaneutral zu werden zu unterstützen. Warum Berlin in der Riege von Städten, wie Amsterdam, Kopenhagen, Brüssel, München oder Frankfurt am Main nicht auftaucht, bleibt fraglich. Neben Berlin gibt es auch in ca. 70 weiteren Städten Bürgerbegehren, die nach mehr Klimaschutz rufen. Es steht fest, dass die Folgekosten einer verfehlten Klimapolitik um ein Vielfaches höher ausfallen als die einer Transformation.
Neue Erkenntnisse bestätigen zudem, dass die 1,5°C-Grenze möglicherweise bereits im Jahr 2026 gerissen wird. Schnelles Handeln, wie von vielen zivilgesellschaftlichen Organisationen gefordert, ist daher unerlässlich. Dort hilft dann auch kein Lob der Umweltsenatorin mehr, solange politisch nur ungenügend gehandelt wird. Zumal Berlin schon bald wieder selbst über das Fernwärmenetz verfügen könnte, da der schwedische Energiekonzern Vattenfall einen Verkauf des Netzes anstrebt. Zusätzlich bestätigt eine Studie des Frauenhofer Instituts aus dem Jahr 2021, dass Berlin auch ohne Gas- und Kohle-Strom bis 2030 klimaneutral beheizt werden könnte. Die Möglichkeiten für einen massiven Umbau der Energieinfrastruktur sind also gegeben.
Währenddessen bereiten sich die Aktiven hinter dem Volksbegehren nun auf die zweite Sammelphase vor. Innerhalb von vier Monaten müssen ca. 180.000 Unterschriften für eine Berliner Klimaneutralität gesammelt werden, um im Jahr 2023 eine Volksabstimmung hierfür abhalten zu können. Konkret fordert das Volksbegehren eine Reduktion von 95% der CO2-Emissionen bis 2030 festzuschreiben, auch unter Einbindung des Flughafens BER. Bisher ist im Berliner Energiewendegesetz eine CO2-Reduktion von 85% bis 2050 anvisiert. Dies würde allerdings zu einer klaren Verfehlung der Pariser Klimaziele führen. Zusammen mit der Initiative „Climate Hour“ wurde berechnet, dass das Volksbegehren Berlin 2030 bei einem Erfolg mindestens 78 Megatonnen CO2 einsparen würden. Bei ca. 800 Megatonnen ausgestoßenem CO2 in ganz Deutschland ein wichtiges Signal.
Der Start der Unterschriftensammlung ist voraussichtlich mit Juli 2022. Wir rufen alle NaturFreund*innen auf, die kommende Unterschriftensammlung zu unterstützen. Seit April können sich Interessierte und mögliche Unterstützer*innen auf „berlin2030.org“ anmelden und weitere Freund*innen einladen. So möchte das Bündnis Online-Aktivismus mit dem Volksbegehren vor Ort verbinden und bekannter machen.
Yannick Kiesel
aus: WanderfreundIn 02-2022