14.09.2020 | Als die NaturFreunde, vor 125 Jahren, am 16. September 1895 von 185 Sozialisten*innen in Wien gegründet wurden, waren viele der Gründungsmitglieder der festen Überzeugung, dass der Kampf für eine gerechte Gesellschaft bald gewonnen würde. Sie konnten nicht ansatzweise ahnen, welchen Weg – mit vielen Fortschritten und radikalen Rückschritten, dieser Einsatz für eine gerechte Gesellschaft nehmen würde.
Die NaturFreunde haben sich sehr schnell zum wichtigen Teil der Arbeiter*innenkultur- und Sportbewegung entwickelt. Bis heute stehen NaturFreunde dem kommerzialisierten Spitzensport kritisch gegenüber und setzen sich für eine intensivere Förderung des Breitensportes ein. Mit ihren kulturellen Angeboten haben die NaturFreunde einen wichtigen Beitrag für die Entwicklung einer politischen Linken geleistet.
Die Forderung, dass Wirtschaft, Umwelt und Gesellschaft zusammengedacht werden muss, ist heute mit dem Begriff der sozialen und ökologischen Transformation der Industriegesellschaft verbunden. Immer waren die NaturFreunde die „grünen Roten“, die ihre Wurzeln gleichzeitig in den Gewerkschaften bei den Arbeitnehmern*innen und in der Umweltbewegung haben. Ihre Arbeit für einen gesellschaftlich Naturbegriff ist bis heute noch immer eine wichtige Diskussion mit anderen Naturschutzverbänden.
Die klare Ausrichtung der NaturFreunde seit 1914 auf eine antimilitaristische Positionierung hat dazu geführt, dass sie sich gegen jegliche Beteiligung Deutschlands an Kriegen eingesetzt haben und nach 1945 aktiver Teil der Anti-Atomtod-Bewegung, der heutigen Ostermärsche, wurden.
Die NaturFreunde haben in ihrer 125-jährigen Geschichte immer wieder Anfeindungen von Rechts und Verbote erfahren. Ihr Verbot durch die Nazis im Jahre 1933, die Verfolgung von zehntausenden NaturFreunden*innen, die Verhaftung und Deportation in die Lager und KZ’s von vielen tausenden NaturFreunden*innen und die Ermordung vieler unserer Genossen*innen ist für uns bis heute Mahnung und gleichzeitig Ansporn: „Nie wieder Faschismus! Nie wieder Krieg!“ – Die Losung der Befreiten von Ausschwitz ist einer der Leitfäden für uns NaturFreunde.
Auch aus der eigenen Verfolgungsgeschichte ist es für uns deshalb nicht akzeptabel, dass sich die Staaten der Europäischen Union gegenüber Flüchtende abschotten, die EU-Außengrenze immer weiter militarisiert wird und Rassismus und Ausgrenzung von Minderheiten in den Staaten der EU wieder zunehmen.
Die NaturFreunde sind auch heute ein Freizeitverband für fortschrittlich und links orientierte Menschen. Wir bieten sportliche, gesellschaftspolitische, kulturelle und umweltpolitische Aktivitäten für Interessierte. Als aktiver Teil der globalisierungskritischen Bewegung, der Friedensbewegung und der Klimagerechtigkeitsbewegung engagieren sich die NaturFreunde für eine sozialere und ökologischere Gesellschaft.
125 Jahre nach der Gründung wollen wir diese Gesellschaft weiterhin grundlegend verändern: Hin zu mehr Gerechtigkeit, Frieden, ökologischer Nachhaltigkeit und mehr demokratischer Teilhabe. Hier haben die NaturFreunde auch in den nächsten Jahrzehnten einiges zu tun.
Uwe Hiksch
aus: WanderfreundIn 03-2020