
21.11.2019 | Die Diskussion über die Zukunft des öffentlichen Nahverkehrs in Berlin hat sich deutlich intensiviert. So war es bisher in der rot-rot-grünen Koalition zumindest öffentlicher Konsens, dass in dieser Legislaturperiode die absolute Priorität auf den Ausbau der Straßenbahninfrastruktur gelegt wird. Diese Zusage scheint jedoch infrage gestellt zu werden.
So hat die grüne Senatorin für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz, Regine Günther, durch ihre Senatsverwaltung die Prüfung für neue U-Bahn-Verlängerungen in Auftrag gegeben. Auch die SPD-Fraktion im Abgeordnetenhaus scheint diesen Konsens aufzukündigen, da sie jetzt den Ausbau des U-Bahnnetzes für viel Geld forcieren möchte. Sie will die Linie U3 um rund 600 Meter bis zum S-Bahnhof Mexikoplatz verlängern, einen Ausbau der U8 mit wenigen hundert Metern bis ins Märkische Viertel sowie der U2 bis nach Pankow Kirche durchsetzen. Allein diese wenigen Meter neue U-Bahn würden zwischen 500 und 700 Millionen Euro Kosten verursachen. Mit dem gleichen Geldeinsatz könnten jedoch mehr als 50 Kilometer Straßenbahninfrastruktur gebaut werden.
Die NaturFreunde halten diese Entwicklung für falsch. Eine teure Verlängerung von U-Bahn-Stummeln wird nicht dazu beitragen, dass eine flächendeckende Verlagerung von Verkehren auf den öffentlichen Verkehr forciert werden kann. Durch diese falsche Politik werden gleichzeitig riesige Investitionssummen gebunden, die für den flächendeckenden Ausbau der Straßenbahn eingesetzt werden müssen. Von den im Jahr 2018/2019 eingeplanten 54 Millionen Euro für den Ausbau der Straßenbahn wurden bisher weniger als zwei Millionen Euro ausgegeben.
Die NaturFreunde kritisieren diesen falschen Weg und fordern den Senat auf, seine Zusagen am Anfang der Legislaturperiode einzulösen. Im Koalitionsvertrag wurde kein weiterer Ausbau der U-Bahn-Strecken festgeschrieben, sondern die Priorisierung auf den Ausbau der Straßenbahn gelegt. Die Fraktionen DIE LINKE und Bündnis 90/Die Grünen halten an ihre Zusagen fest. Die NaturFreunde erwarten, dass sie in der Koalition deutlich auf der Umsetzung bestehen.
Gemeinsam mit den Bündnispartnern im Bündnis „PRO Straßenbahn“ werden die NaturFreunde den Druck auf den Berliner Senat erhöhen und den vorrangigen Ausbau der Straßenbahn einfordern. Im Herbst wird es eine Neuauflage der Straßenbahn-Broschüre der NaturFreunde und weitere Angebote wie Abenteuer Straßenbahn und Stadtspaziergängen auf möglichen Straßenbahntrassen geben.
aus: WanderfreundIn 03-2019