28.11.2017 | In der Reihe "Politik konkret" fand eine Diskussionsveranstaltung zum Thema "Berliner City autofrei? – Forderungen an eine neue Verkehrspolitik!" statt. Der Referent Uwe Hiksch zeigte anhand der Positionen der etablierten Parteien und Verbände auf, dass es in Berlin nur sehr wenige Gruppen gibt, die sich offensiv für eine autofreie City einsetzen. Auf der anderen Seite gibt es eine sehr starke Autolobby die für die Sicherung der Verkehrsinfrastruktur für den motorisierten Individualverkehr kämpft. Hiksch machte deutlich, dass es in den nächsten Jahren darum gehen müsse, eine grundlegende Debatte zum Thema "Wem gehört die Stadt" zu initiieren, in der auch die Frage der öffentlichen Räume und der Straßen im Mittelpunkt stehen müsse. Das Auto versperre für viele die Möglichkeit, die vorhandenen öffentlichen Räume für kreative und kommunikative Nutzungen einzusetzen. Eine lebenswerte Stadt brauche deshalb deutlich weniger Autos.
Anhand des "Modal Split Personenverkehr" wird deutlich, dass in keinem Berliner Bezirk das Auto für den Personenverkehr die dominierende Rolle spiele. Vielmehr machen in allen Berliner Bezirken der Fußverkehr, Radverkehr und der ÖPNV zwischen 50 und 80 Prozent des gesamten Verkehrsaufkommens im Personenverkehr aus. In der öffentlichen Wahrnehmung erscheinen jedoch die Forderungen der Autolobby als wesentlich zentraler.
Auch die Leitbilder des Berliner Senats, die im Konzept "Berlin 2040" vorgelegt wurden, sprechen für einen klaren Bruch mit der autozentrierten Verkehrspolitik der Vergangenheit. So werden in "Berlin 2040" als Leitbilder gefordert:
- "Zukunftsfähige Mobilität für alle
- Großstadt mit hoher Lebensqualität
- Attraktive Berliner Innenstadt
- Wirtschaftsverkehr – effizient und effektiv, umweltbewusst
- Sauber, leise, postfossil
- Verkehrsinnovationen stärkten Mobilität und Wirtschaft"
Anhand der Wahlprogramme von SPD, DIE LINKE, Bündnis 90/Die Grünen und CDU wird deutlich, dass sie vor einem klaren Bruch mit der bestehenden Verkehrspolitik zurückschrecken. Die Parteien haben zwar unterschiedliche Forderungen gerade im Ausbau des öffentlichen Personenverkehrs und des Rad- und Fußgängerverkehrs, schrecken jedoch vor einer aktiven Diskussion mit der Autolobby zurück. Die NaturFreunde fordern deshalb von der Berliner Politik eine grundlegende Veränderung ihrer bisherigen Verkehrspolitik.
Straßeninfrastruktur
Im Bereich der Straßenverkehrsinfrastruktur setzen sich die NaturFreunde dafür ein, dass Straßen konsequent für die Bedürfnisse der Fußgänger*innen, Radfahrenden und des öffentlichen Personennahverkehrs umgebaut werden müssen. In allen Berliner Kiezen, in denen es mittel- bis langfristig zum Ausbau der Straßenbahn kommen kann, müssen neue Brücken für den Straßenverkehr so gebaut werden, dass sie auch für Straßenbahnen geeignet sind. Grundsätzlich setzen sich die NaturFreunde für einen Plan zur Verengung der mehrspurigen Straßen ein, die in Zukunft immer mehr für Fahrradverkehr und klimagerechte Nutzungen zur Verfügung stehen sollen. In den Wohngebieten sollten alle Straßen als verkehrsberuhigte Bereiche ausgewiesen werden in denen alle Verkehrsteilnehmenden im gesamten Straßenraum gleiche Rechte haben. Hierfür soll in Berlin ein grundsätzliches Tempolimit von 30 Stundenkilometer eingeführt werden. Ausdrücklich fordern die NaturFreunde den sofortigen Stopp des Baus von neuer Fernstraßeninfrastruktur, wie zum Beispiel die A 100 und der Tangentialverbindung Ost. Mittelfristiges Ziel der NaturFreunde ist eine autofreie Innenstadt.
ÖPNV
Bei Ausbau des öffentlichen Personennahverkehrs setzen sich die NaturFreunde für einen Vorrang für die Straßenbahn ein. Grundsätzlich müssen die Taktzeiten im ÖPNV deutlich erhöht werden. Mittelfristig wollen die NaturFreunde einen fahrscheinlosen ÖPNV durchsetzen.