27.10.2020 | Aufgrund ihrer Aktivitäten und eines Briefes an die Mitglieder der Bezirksverordnetenversammlung Lichtenberg wurden die NaturFreunde Berlin in den Kulturausschuss der BVV Lichtenberg zum Thema „Kultur in der Rummelsburger Bucht“ eingeladen. Uwe Hiksch nahm für die NaturFreunde Berlin an der Sitzung teil und stellte mit einer PowerPoint-Präsentation die Gedanken und Vorschläge der NaturFreunde vor.
Am Anfang seiner Ausführungen zitierte er aus dem Magazin „Zitty“, die im Jahr 2016 schrieb: „Auf dem Wasser ist genug Platz für ungewöhnliche Lebensentwürfe.“[i] Die NaturFreunde sehen die Rummelsburger Bucht als kultureller Raum für experimentelle Lebensentwürfe, alternative Lebensgestaltung und vielfältige Kulturangebote, die sich durch eine alternative Lebens- und Kulturentwicklung in Booten wie „Panther Ray“, „Zola“ oder „Anarche“ ausdrücken. Ausdrücklich wies Uwe Hiksch darauf hin, dass in Berlin aufgrund der Stadtentwicklung und der damit verbundenen Verdichtung der innerstädtischen Räume, Bebauung von ehemaligen Brachen und steigenden Mieten, immer weniger Orte vorhanden seien, an denen alternative Kultur Räume für die kulturelle Entwicklung und den Austausch finden kann.
Alternative Kultur grenzte Hiksch von den Partybooten ab, die in vielen Teilen Berlins als Teil des touristischen Angebots auf dem Wasser ein kommerzielles Angebot für Tourist*innen entwickelt habe. Hier werde von vielen der Nutzer*innen die Stadt als Kulisse für eigene Erlebnisse genutzt.
Der Tagesspiegel schrieb zu dieser Entwicklung „Längst werden in Neu-Lummerlands Nachbarschaft auch „gemütliche Hausboote mit Kamin“ über AirBnb angeboten, „kann man mit Blick aufs Wasser tiefenentspannen und beim seichten Schaukeln der Wellen behaglich schlummern“, wie es in einer Angebotsbeschreibung heißt. „Alternatives Wohnen auf dem Wasser – grade in der dafür prädestinierten Rummelsbucht lässt sich dieses beliebte Modell authentisch erleben.“[ii]
Die NaturFreunde setzen sich dafür ein, dass in Bereichen wie der Rummelsburger Bucht Freiräume in urbanen Großräumen geschaffen und erhalten bleiben, die als Gegenmodell gegen die Kommerzialisierung der Alltagskultur dienen können. Die Kulturschaffenden und dort Agierenden schafften über ihre Boote und Angebote hierarchiefreie Räume und persönliche Freiräume, die in urbanen Großräumen wichtig für eine zivilgesellschaftliche und demokratische Entwicklung sind. Gerade die Förderung von alternativen Lebensentwürfen stellt für die demokratische Gesellschaft eine wichtige Grundlage für ein selbstbestimmtes Leben des Einzelnen dar. Auf den Booten lebten häufig Aktive, die versuchen, im Rahmen der Möglichkeiten der heutigen Gesellschaft, ein Leben ohne einen täglichen Konsumzwang zu ermöglichen.
Auf der Rummelsburger Bucht habe sich in den letzten Jahrzehnten eine Alternativkultur entwickelt, die eine kreative Mischung aus Kulturflößen, Performance-Künstler*, Theaterschaffenden und Kreativen entwickelt habe. Die Boote gäben Freiräume für nichtkommerzielle und kritische Theateraufführungen zu brennenden Themen der Stadtgesellschaft.
Auch würden auf einer Reihe von Botten für Kinder Workshops, Bildung und Nachmittagsbetreuung angeboten. Weiter habe sich eine Musik- und Alternativkultur etabliert, die Musiker*innen Auftritts- und Lebensmöglichkeiten biete.
Diese Form der ‚Off-Kultur‘ sei auch kulturelle Opposition, die sich als Gegenstück oder Ergänzung und Inspiration zur bestehenden Hochkultur aus Museen, Theatern und Orchestern begreife.
Gleichzeitig habe sich diese Form der Alternativkultur zu einem wichtigen Faktor für den Tourismus entwickelt, mit dem eine Reihe von touristischen Unternehmen aktiv für einen Besuch von Tourist*innen in Berlin werben. Damit ist ‚Off-Kultur‘ auch ein Standortfaktor, der eine kreative, interessante Stadt ermögliche, mit der offizielle Standortmarketingfirmen werben und der Stadt zusätzliche Wertschöpfungsmöglichkeiten erschließe. Die alternative Kultur Berlins haben sich deshalb auch zu einem wichtigen Ansatzpunkt für touristische Angebote und damit zu einem Wirtschaftsfaktor für eine Vielzahl von Unternehmen und Stadtführer*innen entwickelt, die über die Alternativkultur eine eigene Tourismusangebotssparte für Reisende entwickelt haben.
Uwe Hiksch setzte sich in seinem Vortag für einen Ausgleich der Interessen zwischen den Anwohner*innen an der Rummelsburger Bucht und den kulturellen Freiräumen, die auf der Bucht entstanden sind, ein. Er bat die anwesenden BVV-Mitglieder sich für eine Sicherung und Erhaltung der Räume für ‚Off-Kultur‘ und alternative Lebensentwürfe einzusetzen und sich für ein integratives Konzept für die Rummelsburger Bucht zu engagieren. Ziel müsse ein Ausgleich zwischen den berechtigten Interessen der Anwohnenden am Wasser und den berechtigten Interessen von Menschen, die eine alternative Kultur leben, sein.
[i] Martin Schwarzbeck, Wem gehört die Spree?, in: Zitty, 05.08.2016, siehe: https://www.zitty.de/wem-gehoert-die-spree/
[ii] Robert Klages, Ein Besuch auf der Anarcho-Insel, 21.02.2020, in: Der Tagesspiegel, siehe: https://www.tagesspiegel.de/berlin/alternatives-leben-in-der-rummelsburg...