17.11.2019 | Seit ihrer Gründung haben die NaturFreunde innerhalb des Verbandes intensiv über das Verhältnis von Freizeitgestaltung und politischer Betätigung diskutiert. In der NaturFreunde-Zeitung der Gaue Rheinland und Westfalen wurde dazu im Jahr 1929 eine Positionsbestimmung veröffentlicht. Die Diktion der 1920er Jahre ist heute schwer vermittelbar, jedoch ist die Grundfrage, welche Rolle die NaturFreunde für die Durchsetzung einer neuen Gesellschaftsordnung durch ihre Arbeit spielen wollen, bis heute aktuell.
„Naturfreunde und Klassenkampf“
Es war in Zürich 1928, wo das Wort fiel: „Die Naturfreunde sind eine Organisation des Feierabends“. Und es war auch in Zürich 1928, wo jenes andere Wort gesprochen wurde: „Die Naturfreunde sind eine Organisation des Klassenkampfes“. Zwei grundverschiedene, miteinander wesensfremde Auffassungen von Genossen [...]. Wir wollen es ganz klar sagen: Wir machen uns den zweiten Standpunkt zu eigen, wenn wir auch den ersten vielleicht soweit gelten lassen wollen, daß wir als Naturfreunde das stille Schauen und Beobachten in der Natur pflegen sollen, daß uns unsere Wanderungen über den Alltag hinauserheben sollen, weil wir doch schließlich auch den Glauben haben, daß der werdende Sozialismus den Boden für reine und tiefsinnige Betrachtungen immer mehr bereiten wird. Aber dieser Standpunkt kann und darf in der Gegenwart noch nicht tonangebend sein, weil nur zu leicht der den Naturfreunden aus der proletarischen Bewegung häufig gemachte Vorwurf von „der grünen Insel“ Berechtigung erhalten könnte. Niemals, auch auf unseren Wanderungen nicht, dürfen wir vergessen, daß um uns eine Welt des Alltags ist mit rauen, bitteren Kämpfen, das in der Gesellschaft der Menschen ein Kampf aller gegen alle herrscht, daß sich Klassen in schärfstem Gegensatze gegenüberstehen.
Die Naturfreunde sind ihrer Entstehung, ihrer Entwicklung, ihrem Wesen und Charakter nach in jeder Beziehung unmittelbar und uneingeschränkt mit der gesamten sozialistischen Arbeiterbewegung verbunden. Das große Ziel dieser Bewegung ist die Überwindung der heutigen Gesellschaftsordnung mit all ihrem Unrecht, aller Not, allen Hass und Aufbau einer neuen Gesellschaft, die als Grundgedanken die soziale Gemeinschaft aller schaffenden Menschen hat.“
Aus: „Der westdeutsche Naturfreund. Nachrichten der Gaue Rheinland und Westfalen im Touristenverein „Die Naturfreunde““, Januar 1929, S. 3f.
Veröffentlicht: WanderfreundIn 03-2019