16.05.2019 | Die Preisspirale bei den Mieten ist nicht allein auf Knappheit zurückzuführen, sondern auf Spekulation mit dem Wohnraummangel. Verdrängung und Obdachlosigkeit auf der einen Seite, steigende Gewinne auf der anderen Seite – das ist der Immobilienmarkt. Diese existenziell bedrohliche Situation ist nur zu beheben, wenn Wohnungen als Öffentliches Gut bereitgestellt werden. Nur mit Neubau lässt sich dieses Ziel nicht erreichen: Selbst geförderte Neubaumieten liegen über den Bestandsmieten, die geplanten Neubauten kompensieren kaum den Zuzug und bis der Neubau auf den Markt kommt, sind mindestens zwei Mieterhöhungsrunden durch.
Weder eine begrenzte Regulierung noch eine Addition von Neubau auf den Markt reichen daher zur Lösung der Wohnungskrise – der Markt selbst ist das Problem. Um Wirtschaft anders zu organisieren, hält das Grundgesetz in Artikel 15 die Möglichkeit der Gemeinwirtschaft bereit: „Grund und Boden, Naturschätze und Produktionsmittel können zum Zwecke der Vergesellschaftung durch ein Gesetz, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt, in Gemeineigentum oder in andere Formen der Gemeinwirtschaft überführt werden“.
Genau hier setzt das Volksbegehren „Deutsche Wohnen & Co enteignen“ an. Es will die Bestände großer Immobilienkonzerne, soweit sie mehr als 3000 Wohnungen besitzen, vergesellschaften. Das Grundgesetz nennt zwei Beschränkungen: Die Enteignung muss auf gesetzlicher Grundlage erfolgen, und eine Entschädigung muss gezahlt werden.
Eine Entschädigung nach Marktwert aber, bei der keine Umverteilung von Vermögen stattfindet, steht dem Gedanken der Vergesellschaftung entgegen.
Die Höhe der Entschädigung müsste in einem Vergesellschaftungsgesetz festgelegt werden - unsere Initiative hat bisher zwei Modelle durchgerechnet und kommt auf eine Summe von 8-14 Milliarden Euro insgesamt. Diese Summe muss nicht sofort bezahlt werden, sondern kann wie bei jeder Immobilienfinanzierung mit 20% Eigenkapital und 80% Kredit finanziert werden. Die Rückzahlung erfolgt gestreckt über einen Zeitraum von 30 Jahren aus den Mieten der vergesellschafteten Wohnungen. Somit gilt: Vergesellschaftung ist günstiger als Rückkauf. Und: Vergesellschaftung schafft dauerhafte Werte für die nächste und übernächste Generation.
Ralf Hoffrogge ist Historiker und aktiv in der Initiative „Deutsche Wohnen & Co enteignen“. Er hat am Beschlusstext des Volksbegehrens mitgeschrieben. Der Beginn der Unterschriften ist der 06.April 2019.
aus:Wanderfreundin 01-2019